Mittwoch, 7. Dezember 2011

Mittwoch, 7. Dezember 2011




Welche Zukunft für Korsika ? Heute: Interview mit Jean Biancucci

Jean Biancucci gehört der politischen Familie der Nationalisten an und ist Mitglied der, in der korsischen Versammlung vertretenen, Partei « FEMU A CORSICA », die bei den letzten Wahlen ein großen Erfolg verzeichnen konnte und heute auf 11 von 51 Sitzen in der « Assemblée Corse » kommt. Auf der nationalistischen Seite kommen hier noch 4 Sitze von « CORSICA LIBERA » hinzu.

Neben zahlreichen anderen Ämtern ist Jean Biancucci unter Anderem


  • Mitglied der « Assemblée Corse »
  • Mitglied des Verwaltungsrats des korsischen Fremndenverkehrsamts ATC
  • Mitglied des Aufsichtsrats der korsischen Fluggesellschaft AIR CORSICA (ehemals CCM)
  • Vize-Präsident der CAPA (Städteverbund des Großraums Ajaccio)








Ich habe Jean Biancucci eine, nur auf den ersten Blick, einfache Frage gestellt:


Welche Zukunft sehen Sie für Korsika?

« Das ist eine sehr schwierige Frage, die man nicht mit wenigen Sätzen beantworten kann! Wir dürfen nicht vergessen das sich die Welt im Moment stark verändert. Denken wir z.B. an China und Indien. Zwei immer bedeutender werdende Länder, die die wirtschaftliche Weltordnung verändern. Wir müssen, wenn wir über die Zukunft Korsikas nachdenken, natürlich berücksichtigen was um uns herum geschieht und überlegen wie und in welche Richtung Korsika sich entwickeln kann.

Korsika ist traditionel eine pastorale Gesellschaft und der Ausbau und die Weiterentwicklung der Agrikultur scheint mir wichtig. Leider wird es für junge Menschen die in der Landwirschaft tätig werden möchten, oder es schon sind und ihren Betrieb ausbauen möchten, immer schwieriger entsprechendes Land zu angemessenen Preisen zu finden.

Natürlich spielt Tourismus eine wichtige Rolle und auch der ist noch ausbaufähig, aber wir dürfen nicht alles dem Tourismus opfern und nur auf diese Karte setzen. Die noch intakte Natur darf nicht durch Immobilienspekulanten geopfert warden. »


Sehen Sie die Zukunft Korsikas eher mit oder ohne Frankreich?

« Korsika hat seinen Platz in Europa und kann insbesondere im Mittelmeerraum eine wichtige Rolle spielen. Zwar haben wir schon gute Verbindungen mit z.B. Ligurien, der Toskana und Sardinien, jedoch sehe ich hier noch Möglichkeiten den Austausch auf wirtschaftlicher und kultureller Ebene auszubauen. »


« Wenn ich als Bürgermeister von Cuttoli eine Hochzeit durchführe, dann ziehe ich die französische Bürgermeister-Schärpe nicht an, sondern lege sie auf den Pult vor mir« 

« Korsika hat seine eigene Identität und seinen eigenen Namen, Corsica. Ich setze mich dafür ein dass dieser Name in Zukunft verwendet wird, denn er ist Teil unserer Identität ».

(ndr. Das korsische Fremdenverkehrsamt ist dazu übergegangen in französischsprachigen Prospekten nicht mehr von Corse, sondern von Corsica zu reden und die korsische Fluggesellschaft CCM, Compagnie Corse Mediterranée, wurde umgetauft in AIR CORSICA)


Die Partei « FEMU A CORSICA » hat bei den letzten Wahlen einen großen Erfolg verzeichnen können. Liegt dies auch daran dass sie sich klar gegen die Anwendung von Gewalt für die Durchsetzung von politischen Zielen ausgesprochen hat?

« Niemand kann die Anwendung von Gewalt wünschen. Wenn man jedoch genau analysiert unter welchen Umständen Korsika nach 14 Jahren Unabhängikeit (1755 – 1769) französisch wurde und wieder französische Staat Korsika behandelt hat, dann kann man auch verstehen warum Gewalt als politisches Mittel in Betracht gezogen werden konnte. »



Soweit das Interview mit Jean Biancucci. In einem meiner nächsten Artikel werde ich näher darauf eingehen wie und wann Korsika französisch wurde. Eine sehr interessante Geschichte.



Soviel für heute,

herzlichst

Edmund Schroth

Montag, 7. November 2011




Einblicke in mein « Büro » auf Korsika

Eine Saison geht zu ende. Hier einige Fotos von meinem Arbeitsplatz aus dem Jahr 2011. Manchmal hatte ich nur mein Handy zur Hand und manchmal war ich mit meinem Fotoapparat unterwegs, deshalb sind die Fotos unterschiedlicher Qualität, aber, wie ich hoffe, trotzdem interessant!



Viel Spaß beim Anschauen!



Herzlichst,

Edmund Schroth



Samstag, 15. Oktober 2011




Neues aus « Ninja-Land »: Der Schildkrötenpark A CUPULATTA unter neuer Leitung

Seit 2010 ist Dr. Vet Pierre Moisson (hier im Bild) nicht nur der Veterinär sondern auch Direktor des größten Schildkrötenparks Europas in dem 170 Arten und 3000 Schildkröten leben.



Desensibilisieren einer Schildkröte der Seychellen: Dabei wird die Schildkröte an Streicheleinheiten gewöhnt. Sie stellt ihre « Beine » aufrecht und genießt den Moment. Hintergrund: Die hochgestellten Beine vereinfachen den Zugang für Blutentnahmen und Impfungen, die gelegentlich durchgeführt werden.



 Ein Mann mit Erfahrung

Pierre Moisson ist ein weitgereister Mann, der seine Erfahrungen unter anderem auf dem afrikanischen Kontinent, in Guinea und Madagaskar gesammelt hat. Zuletzt war der passionierte Primateloge für 10 Jahre Direktor des botanischen und zoologischen Parks in Mühlhausen. Durch seine zahlreichen Urlaubsaufenthalte auf der Insel der Schönheit, hat er Korsika kennen und lieben gelernt und 2010 begeistert die neue Aufgabe als Veterinär und Direktor des Parks A CUPULATTA (korsisch für « die Schildkröte ») übernommen. Der Park hat sich zur Aufgabe gestellt, seltene und bedrohte Schildkrötenarten zu schützen und auch zu züchten.





Schildkröte der Galapagos-Inseln, ein Hauch von ET



Pierre Moisson hat sich zum Ziel gesetzt den Park weiter zu entwickeln. A CUPULATTA kann man heute schon als regelrechte Arche Noah bezeichnen wo vom aussterben bedrohte Arten, ja sogar in der freien Wildbahn schon ausgestorbene Schildkrötenarten, Schutz und Pflege gefunden haben. Der Park beteiligt sich an Programmen zum Schutz von bedrohten Arten sowie an Programmen zur Wiedereinführung in der freien Wildbahn bestimmter Schildkrötenarten. Durch einen Austausch mit anderen Strukturen gleicher Art und Züchtern weltweit, beteiligt sich der Park an der Erhaltung eines genetischen Erbguts.





Bedrohte Schildkrötenart aus Madagaskar, die wegen ihres besonders schönen Panzers auf dem Schwarzmarkt für bis zu 5000 € gehandelt wird



Ein Besuch im Park ist nicht nur ein schöner und interessanter Spaziergang durch einen mit viel Liebe angelegten Park, sonder hilft auch sich der Bedrohung seltener Arten bewusst zu werden, für die die hier vertretenen Schildkröten Botschafter sind. Piere Moisson ist nicht nur ein passionierter, sonder auch ein sehr symphatischer und unkomplizierter Mensch der täglich im Park anzutreffen ist und immer ein offenes Ohr für Fragen hat.




Herzliche Grüße

Edmund Schroth





Mittwoch, 8. Juni 2011




Johnny Hallyday als Kellner auf Korsika?

Wer in der Balagne in Algajola zu Besuch ist, kann mit etwas Glück von Johnny Hallyday bedient werden.

Allerdings nicht von ihm persönlich, sondern von seinem täuschend ähnlichen und offizielen Doppelgänger Johnny Vegas (http://www.johnny-vegas-sosie.com/).




Der wurde 2002 unter zahlreichen Bewerbern während einer Sendung auf dem französischen Sender TF1 von Millionen von Zuschauern zum offiziellen Doppelgänger von Johnny Hallyday gekürt. Mit seinen Musikern ist er in ganz Europa unterwegs und gibt Konzerte.







Seine Lebensgefährtin hat vor einiger Zeit das Hotel ihrer Eltern in Algajola übernommen und so kommt es dass Johnny Vegas hier gelegentlich zur Hand geht und teilweise als Kellner im Restaurant des Hotels aktiv ist. Gelegentlich gibt er hier auch kleine Auftritte die bei den Gästen großen Anklang finden. Johnny, der eigentlich Vincent heißt, ist ein ausserordentlich symphatischer und unkomplizierter Zeitgenosse mit dem man leicht ins Gespräch kommt und auch seine kleinen Auftritte sind sehr Stimmungsvoll. Viele « Damen » erliegen der Illusion und haben sogar teilweise Tränen in den Augen.



Alles in allem ein nettes und unvergessliches Erlebnis.

Dienstag, 5. April 2011




Warum sind die Häuser in der Zitadelle und im alten Hafen von Bastia in so schlechtem Zustand?

Ausgangspunkt des heutigen Bastia ist der kleine Hafen, den die Einwohner von Cardo, einem kleinen Dorf am Hügel oberhalb von Bastia, einst anlegten. Früher ließ man sich nur selten direkt an der Küste nieder, sondern mehr im Landesinneren oder an Berghängen. Hierfür gab es Sicherheitsgründe, da die Insel ja von den verschiedensten Zivilisationen regelrecht überfallen wurde. Außerdem war im Küstenbereich das Sumpffieber (Malaria) weit verbreitet und die Küste damit im Sommer unbewohnbar. Lediglich einen Zugang zum Meer, also einen Hafen, richtete man an der Küste ein. Wer zum Beispiel das Cap Corse besucht, kann oft beobachten das Hinweisschilder einerseits auf den Hafen (Marina) und andererseits auf das eigentliche Dorf (Peasu) verweisen.


Verfallene Fassaden in Bastia (Foto: Wikipedia)



  

Im Jahre 1380 beschließt der damalige genuesische Gouverneur Leonelli Lomellini, die korsische Hauptstadt von Biguglia in das heutige Bastia zu verlegen. Es war wichtig, das strategisch bedeutende Cap Corse kontrollieren und überwachen zu können, denn hier fand der Handel von Wein, Honig, Olivenöl und vielen weiteren Waren zwischen Korsika und der Toskana statt.
Es entsteht also oberhalb des alten Hafens, nach und nach die Zitadelle von Bastia, daher auch der Name, abgeleitet von dem Wort Bastion, das auf Deutsch soviel wie „Festung“ bedeutet. Im Inneren der Zitadelle befindet sich der Gouverneurspalast und man beginnt, sich innerhalb der Burgmauern anzusiedeln. Die Zitadelle nennt sich jetzt “Terra Nova” und das Gebiet um den alten Hafen “Terra Vecchia”, obwohl sich dieses Viertel erst nach dem Bau der Zitadelle richtig entwickelt hat und es eigentlich genau umgekehrt benannt sein müsste.
 



(Foto: Wikipedia)



Im 19. Jahrhundert sind viele Korsen wegen der sehr schlechten wirtschaftlichen Lage gezwungen, auszuwandern. Viele Korsen siedeln in einer wahren Diaspora zum Beispiel nach Südamerika aus, andere machen in französischen Kolonien in Nordafrika als Beamte Karriere. Dies führt dazu, dass viele Häuser verlassen und nicht mehr instand gehalten wurden, also nach und nach verfielen. Das trifft auch auf andere Städte der Insel zu, wie zum Beispiel die Altstadt von Corte.
Ein weiterer Grund für den Verfall vieler Häuser sind Erbstreitigkeiten: Viele Miterben und die Tatsache, das es für ein Haus meist mehrere Eigentümer gibt. Darunter gibt es immer mindestens Einen, der nicht bereit ist, für die Restaurierung zu investieren, aber auch nicht verkaufen will. Damit sind den anderen Miteigentümern die Hände gebunden. Die Folge ist der langsame und stetige Verfall dieser Gebäude.
Und jetzt die gute Nachricht: Da das Innere der Zitadelle von Bastia zur verkehrsberuhigten Zone erklärt wurde und sich damit zu einer beliebten Wohngegend entwickelt hat und der alte Hafen für den Tourismus zu einem Aushängeschild geworden ist, hat die Stadt Bastia einen Sanierungsplan vorgesehen und finanziert.


Renovierte Häuser am alten Hafen (Foto: Paolo Succu)


Die Restaurierungsarbeiten sollen spätesten 2012 beginnen. Etwas Zeit wird es schon brauchen, denn die teilweise historischen Gebäude sollen fachgerecht und möglichst originalgetreu wiederhergestellt werden.



Herzlichst,

Edmund Schroth

Montag, 4. April 2011



Brücken zwischen Porto und Evisa verbreitert

Gute Nachricht vom korsischen Straßennetz. Auf der Strecke zwischen Porto und Evisa wurden zwei, bisher besonders enge, Brücken erweitert. Da diese Strecke im Sommer auch von vielen Reisebussen benutzt wird, macht es das Fahren auf dieser Strecke einfacher und natürlich auch sicherer. Da ich jetzt wieder häufiger in Bussen auf der ganzen Insel unterwegs bin, werde ich, wenn es was Neues über die korsischen Straßen gibt, darüber berichten. Also, ab und zu mal rein schaun.





Größere Ansicht



Eines meiner nächsten geplanten Themen (auf Anfrage von Vanessa):

Warum sind die Häuser in der Altstadt und besonders im inneren der Zitadelle von Bastia in so schlechtem Zustand?

Herzlichst

Eddy

Montag, 7. März 2011




Korsika vor 275 Jahren: Am 15. April 1736 wird Theodor von Neuhoff zum korsischen König « Roi Théodore »

Hintergrund: Die Republik Genua setzt sich im Jahre 1284 nach der Schlacht von Meloria gegen die Republik Pisa entgültig durch und herrscht ab diesem Zeitpunkt über Korsika. 1630 erklärt Genua aus Diplomatie- und Prestigegründen die Insel zum Königreich, ernennt jedoch nie einen König. Korsika wird vielmehr von einem genuesischen Gouverneur verwaltet, der alle zwei Jahre abgelöst wird. Der Gouverneurspalast befindet sich seit Ende des 14. Jahrhunderts in Bastia.

Der Gouverneurspalast in Bastia. Foto: Wikipedia

Nach zwei Jahren großer Trockenheit und im dritten Jahr zahlreicher Überschwemmungen, also nach insgesamt drei Jahren Missernte, ist die korsische Bevölkerung im Jahre 1729 nicht mehr in der Lage, die von der Republik Genau auferlegte Steuerlast zu tragen. Es beginnt der Aufstand gegen Genua und der Kampf um die Freiheit und Unabhängigkeit Korsikas, der 40 Jahre dauern sollte. Nach einer vierzehnjährigen Unabhängigkeit von 1755 bis 1769 unter Pascal Paoli endet dieser Kampf durch den Vertrag von Versailles, den Genua und Frankreich 1768 unterzeichnen. Infolgedessen tritt Genua die Insel Korsika an Frankreich ab. Die entscheidende Schlacht findet am 8. Mai in Ponte Novo statt. Die Korsen werden geschlagen und Frankreich übernimmt die Herrschaft auf Korsika.
Im Rahmen dieses vierzigjährigen Kampfes tritt 1732 Theodor Stephan Freiherr von Neuhoff auf die Bühne. Von Neuhoff wurde vermutlich am 25. August 1694 in Köln geboren, aber auch Metz gilt als möglicher Geburtsort. Verstorben ist er am 11. Dezember 1756 in London.

Theodor von Neuhoff (Mezzotinto von Johann Jakob Haid um 1740). Quelle: Wikipedia

Von Neuhoff befindet sich im Auftrag Wiens in Genua, um sich über die Lage Korsikas zu erkundigen. Hier beobachtet er, wie korsische Gefangene von einem Schiff an Land gebracht und abgeführt werden. Beeindruckt von der Würde, dem Stolz und der Beherrschtheit, mit der die Korsen durch die Aufgebrachte und feindsselige Menge schreiten, entwickelt sich seine Bewunderung und Sympathie für das Inselvolk. Daraufhin setzt er sich in Wien mit Erfolg für die Freilassung dieser Korsen ein.
Kurze Zeit später erhält er in Livorno den Besuch einer korsischen Abordnung. Deren Wortführer waren unter anderem General Louis Gafferi, für dessen Freilassung er sich eingesetzt hatte und Sebastian Costa, der in Italien und Frankreich studiert hatte und deshalb sehr gute Kenntnisse in internationalen Recht besaß. Die korsische Abordnung bietet von Neuhoff an, König von Korsika zu werden, in der Hoffnung das Theodor von Neuhoff durch seine zahlreichen internationalen Verbindungen Unterstützer für die korsische Sache gewinnen würde.

Von Neuhoff bereitet sich sorgfältig auf diese neue Aufgabe vor. 1736 startet er in Tunis und erreicht am 12. März des gleichen Jahres Korsika. Er geht in Aleria an Land und wird von der korsischen Bevölkerung begeistert empfangen. Im Gepäck hatte er eine Verfassung, die von Sebastian Costa verfasst wurde, die aber schon in Tunis gedruckt wurde, was gelegentlich zu der falschen Annahme führt, von Neuhoff habe eine von ihm selbst geschriebene Verfassung nach Korsika gebracht. Am 15. April wird Theodor von Neuhoff zum König ernannt und auf diese Verfassung vereidigt. Es handelt sich jedoch noch nicht um eine Verfassung im eigentlichen Sinne. Sie besteht aus dem Vorwort und 16 Artikeln (« Capitoli »).
Da es dem König Theodor unter anderem jedoch nicht gelang, die erhoffte Unterstützung für die korsische Sache zu gewinnen, endet seine Regentschaft nach nur 6 Monaten. Er verlässt am 11. November 1736 die Insel und verstirbt völlig verarmt am 11. Dezember 1756 in London.
Zwar war Theodor von Neuhoff, « Roi Theodor », der erste und einzige von den Korsen selbst zum König ernannte König aber nicht der einzige und erste bzw. letzte Korsikas. Der derzeitige Kônig Korsikas und das seit 1975, ist, wenn auch nur auf dem Papier, König Juan Carlos von Spanien. Aber dazu ein anderes mal mehr.


Herzlichst,
Edmund Schroth

Donnerstag, 24. Februar 2011




Wann wurde Korsika zum ersten Mal von Menschen besiedelt?

Um diese Frage zu untersuchen, zunächst ein kleiner Überblick über die in der Geschichte verwendeten Zeitabschnitte. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen Vorgeschichte und Geschichte. Wir treten in die Geschichte ein, als der Mensch zu « schreiben » beginnt.
Am Anfang sind wir natürlich noch weit entfernt von dem, was man heute als Schrift bezeichnen würde. Es handelt sich vielmehr zunächst um einfache Piktogramme, die sich dann langsam zur Keilschrift und schließlich immer mehr zu einer richtigen Schrift entwickeln. Ein Meilenstein in der Geschichte der Menschheit, der in seiner Bedeutung der Entwicklung der Dampfmaschine entspricht. Zum ersten Mal ist es möglich, mehr Informationen zu speichern als das Gedächtnis. Diese erste Schrift entwickelt sich ab ca. 3000 v.Chr. in Mesopotamien (Mesos=zwischen, Potamos=Fluß), also einem Land zwischen zwei Flüssen, nämlich dem Euphrat und dem Tigris. Das entspricht zum Großteil dem heutigen Irak.
Alles was davor liegt, gehört zur Vorgeschichte, die sich in verschiedene Abschnitte aufteilt. Die für uns relevanten Abschnitte sind das Paläolithikum (paläo=früh, lithos=Stein), Mesolithikum (Mesos=zwischen) und neolithikum (noes=neu). Also die Früh-, die Zwischen-, und die Neu- oder Jungsteinzeit. Diese drei Abschnitte entsprechen wichtigen Veränderungen im Lebensraum der Menschen. Das Ende des Paläolithikums ist gleichzusetzen mit dem Ende der letzten Eiszeit vor ca. 12000 Jahren. Je nach Region können sich die verschiedenen Abschnitte um bis zu 1000 Jahre verschieben. Das Ende der Eiszeit bedeutet, dass das Klima milder wird, der Meeresspiegel sich in verschieden Etappen, mal hebt und mal senkt, und letztendlich um bis zu 150m ansteigt. Das heutige Groß-Britannien wird vor ca. 8000 Jahren zur Insel. Das Neolithikum beginnt mit seinen verschiedenen Phasen 8000 v.Chr.. Dazwischen, zwischen Paläolithikum und Neolithikum, liegt das Mesolithikum. All diese Begriffe bezeichnen kulturelle Sachverhalte, die von zunehmenden natürlichen Ressourcen und menschlichen Fähigkeiten zeugen.

Aber zurück zu unserer eingangs gestellten Frage. In welcher dieser Phasen wurde Korsika zum erstenmal von Menschen besiedelt?
Die Kreidefelsen von Bonifacio im äußersten Süden Korsikas

Wir wissen heute durch zahlreiche Funde wie z.B. der « Dame von Bonifacio », ein im Kalkstein von Bonifacio entdecktes Skelett einer Frau die etwa 35 Jahre alt geworden ist, das die Insel schon im Vorneolithikum bewohnt war. Durch eine Radiokohlenstoffdatierung (C14-Datierung) konnte man das Skelett in das 7. Jahrtausend v.Chr., ( +/- 6570 v.Chr.) einordnen. Zahlreiche Prähistorische Fundstätten wie z.B. Filitosa im Südwesten der Insel ermöglichen eine ziemlich Umfassende Erkenntnis über das Neolithikum.

Stumme Zeugen des Neolithikum: Die Menhire von Filitosa bei Propriano


Aber was war davor und woher kamen die ersten Menschen?
Für eine Präsenz von Menschen auf Korsika im Paläolithikum, also vor dem Ende der letzten Eiszeit vor ca. 12000 Jahren, gibt es zwar interessante Theorien, aber bisher noch keine gesicherten Beweise. Fest steht aber, dass im Mesolithikum (-10000 v.Chr bis -8000 v.Chr.) zumindest sporadisch schon Menschen auf der Insel gelebt haben- Vermutlich von der heutigen italienischen Küste und aus Sardinien kommend. Dies war möglich, weil es einerseits vermutlich eine Landbrücke zwischen der Toskana und Korsika gab, bevor der Meeresspiegel anstieg. Andererseits war die Insel Elba früher eine Halbinsel, die am italienischen Stiefel hing. Es lagen also nur noch ca. 50 Kilometer Meer zwischen Italien (Elba) und Korsika. Die Entfernung zwischen Sardinien und Korsika ist noch geringer, nur 12 Kilometer an der engsten Stelle, also zwischen dem Süden Korsikas und dem Norden Sardiniens. Diese Entfernungen waren auch mit primitiven Flößen oder Kanus, die es damals schon gab, überwindbar. Es handelt sich wahrscheinlich um Menschen, die an die korsischen Küsten zum Fischen, Jagen und Beeren Sammeln kamen, sich teilweise auch ins Inselinnere vorgewagt haben, aber sich noch nicht auf der Insel niederließen.

Korsika, Sardinien im Süden, die Insel Elba und die Toskana im Osten. NASA-Satellitenaufnahme


So bleibt also festzustellen, das die Insel Korsika nachweißlich ab dem 7. Jahrtausend v.Chr. besiedelt war, uns aber noch gesicherte Erkenntnisse über die Zeit davor fehlen. Da die Archäologie insgesamt allerdings noch eine recht junge Disziplin ist (Archäologie beginnt zaghaft mit der Ausgrabung von Pompeji und Herculaneum Mitte des 18. Jahrhunderts) und es speziell in Korsika sicher noch Einiges zu entdecken und zu erforschen gibt, kann man vermuten, dass vielleicht irgendwann nachgewiesen werden kann, dass schon viel früher Menschen auf die Insel kamen. Geschichte ist eben nie endgültig geschrieben, sondern muss immer wieder dem neuesten Kenntnisstand angepasst und umgeschrieben werden.

Herzlichst,Edmund Schroth

Dienstag, 22. Februar 2011




Strengere Sicherheitskontrollen im Hafen von Ajaccio

Seit diesem Jahr wird der Zugang zum Hafen (Bereich Fähren und Kreuzfahrtschiffe) strenger kontrolliert. Direkt zum Hafen gelangt man nur noch mit einem gültigen Ticket für eine Überfahrt. Dies gilt auch für Fußgänger. Eine Kontrolle findet im Terminal an der Zugangstür zum Hafen statt.
Für diesen Aufwand berechnet man jedem Kreuzfahrtschiff 650 € pauschal plus 50 Cent pro Passagier, unabhängig davon ob er an Land geht oder nicht. Mehr Sicherheit oder einfach nur mehr « Kohle »?


« Doppelte » AIDA im Hafen von Ajaccio

Montag, 21. Februar 2011




Berühmte Korsika-Besucher: Rosa Luxemburg

15. Januar 1917
Sonitschka, wissen Sie noch, was wir uns vorgenommen haben, wenn der Krieg vorbei ist? Eine Reise zusammen nach dem Süden. Und wir tun das! Ich weiß, Sie träumen davon, mit mir nach Italien zu gehen, dass Ihnen das Höchste ist. Ich plane hingegen, Sie nach Korsika zu schleppen. Das ist noch mehr als Italien. Dort vergisst man Europa, wenigstens das moderne Europa.
Denken Sie sich eine breite , heroische Landschaft mit strengen Konturen der Berge und Täler, oben nichts als kahle Felsklumpen von edlem Grau, unten üppige Oliven, Lorbeerkirschen und uralte Kastanienbäume.Und überall eine vorweltliche Stille, keine Menschenstimme, kein Vogelruf, nur ein Flüsschen schlickert irgendwo zwischen Steinen, oder in der Höhe raunt zwischen Felsklippen der Wind, noch derselbe, der Odysseus’ Segel schwellte. Und was Sie an Menschen treffen, stimmt genau zur Landschaft. Plötzlich erscheint z.B. hinter einer Biegung des Bergpfades eine Karawane, nicht im Haufen wie unsere Bauern.

Pedi Morella, Ortsteil von Cuttoli-Corticchiato (Foto ES)

Vorne läuft gewöhnlich ein Hund, dann schreitet langsam etwa eine Ziege oder ein mit Säcken voller Kastanien beladenes Eselchen, dann folgt ein großes Maultier, auf dem eine Frau im Profil zum Tiere mit gerade herabhängenden Beinen sitzt, ein Kind in den Armen. Sie sitzt hoch aufgerichtet, schlank wie eine Zypresse, unbeweglich, daneben schreitet ein bärtiger Mann in ruhiger, fester Haltung, beide schweigen. Sie würden schwören: es ist die heilige Familie. Und solche Szenen treffen Sie dort auf jeden Schritt.
Ich war jedes mal so ergriffen, dass ich unwillkürlich in die Knie sinken wollte, wie ich’s immer vor vollendeter Schönheit muss. Dort ist noch die Bibel lebendig und die Antike.
Wir müssen hin, und so wie ich’s getan: zu Fuß die ganze Insel durchqueren, jede Nacht an einem anderen Ort ruhen, jeden Sonnenaufgang schon im Wandern begrüßen.

Ihre Rosa


Brief aus dem Gefängnis von Rosa Luxemburg an Sophie Liebknecht, vom 15. Januar 1917. Rosa Luxemburg wurde am 15. Januar 1919 in Berlin ermordet.

Donnerstag, 17. Februar 2011

Dienstag, 15. Februar 2011




Hallo liebe Besucher von Eddys Korsika Reiseleiter Blog,

Ja, so spielt das Leben. Eigentlich kam ich im April 1980 nur für sechs Monate nach Korsika, um hier einen Sommer lang zu arbeiten. Heute, 30 Jahre später, bin ich immer noch auf dieser Insel. Was ist passiert? Flieger oder Zug verpasst? Den Nachhauseweg nicht mehr gefunden oder einfach nur « ausgestiegen »? Aber was ist eigentlich ein Aussteiger? Würde man jemanden, der von Hamburg nach München zieht, als Aussteiger bezeichnen? Eher nein. Also bin ich, wenn ich von Frankfurt nach Korsika umziehe, auch kein Aussteiger, sondern allenfalls ein Umsteiger. Und der Grund dafür ist einfach: Ich habe mich in die Insel und ihre Einwohner verliebt und beschlossen, hier meine Koffer abzustellen.


Beruflich konnte ich mich neu orientieren und durch ein Zweitstudium an der Universität PASCAL PAOLI in Corte(übrigens die jüngste und kleinste Universität Frankreichs) die Basis für meinen heutigen Beruf schaffen. Seit 1998 bin ich auf der ganzen Insel als Reiseleiter mit deutschen, französischen und englischen Gruppen unterwegs. Welch ein Traumberuf! Diese Tätigkeit erlaubt mir immer wieder neue Aspekte zu entdecken und einen sehr engen Kontakt zu Land und Leuten zu haben. Um diese Eindrücke zu teilen, habe ich beschlossen, Eddy’s Korsika Reiseleiter Blog ins leben zu rufen. Hier gibt’s mal was über die sehr interessante Geschichte der Insel, mal was über die Gruppen, die ich geführt habe zu lesen und natürlich Aktuelles und Fotos. Also, es rentiert sich sicher, immer mal wieder reinzuschauen. Für Fragen und Anregungen habe ich natürlich auch immer ein offenes Ohr.

Also dann, viel Spaß auf dieser Seite,


Herzlichst


Edmund Schroth