Donnerstag, 10. März 2011

Donnerstag, 10. März 2011




Anekdoten aus Korsika : Fortsetzung zu « Fast zweimal schief gegangen … » Teil 3 Wochenthema das Hochplateau von Cosciune


Der alte Hirte erklärte mir nun sein Anliegen:
„Dein Vater ist damit einverstanden, dass ich meinen jüngsten Sohn François mit seiner Tochter verheirate, also nun wollen wir den Heiratsvertrag unterschreiben, und dann können wir alles Weitere in der nächsten Woche vorbereiten, ich bin ja so froh, dass ich endlich eine Frau für meinen jüngsten Sohn gefunden habe, ich dachte schon, ich müsste ihn ins Kloster schicken, und nun liebe Freunde, trinken, wir darauf! Ein Hoch auf das frisch verlobte Paar!“
Sie stossen alle ihre Gläser an, und sogar mein Vater hob verduselt grinsend sein Glas.



Ich wurde bleich, packte meinen Vater beim Ärmel und balancierte ihn nach draußen, zog ihm hin zum Brunnen, und goss ihm einen Eimer frisches Wasser über den Kopf.
Die Hirten schauten uns entgeistert zu.
Ich rief ihnen zu: « ‘Tschuldigung, aber ich glaube da gibt es ein Missverständnis! »
Ich rüttelte meinen Vater, der sich prustend schüttelte, und fuhr ihn aufgebracht an: „Wach auf, du hast da einen großen Unfug gemacht, ich muss das jetzt ausmerzen … und ich hoffe, es gelingt mir! »

Still bei mir dachte ich, o.k. gerade gestern Abend habe ich mir zu tiefst im Herzen gewünscht, hier in dieser paradisischen Hochebene bleiben zu können, aber dass mir dieser Wunsch auf so ungewöhnliche Weise gleich in Erfüllung gehen würde, daran habe ich ja nicht gedacht…wird mir diese Ablehnung Unglück bringen? Ich habe doch von diesen Flüchen abgelehnter Seelen gelesen…(dazu Näheres ein anderes Mal!)…. » –

Während ich vor mich hersann, ließ ich meinen Vater auf der Steinmauer nieder. Dann rannte ich zurück zu den Hirten, die mich noch immer anglotzten wie Hühner wenns donnert. Ich atmete tief ein und erklärte: „Es tut mir wirklich leid, mein Vater hat nichts verstanden, deswegen hat er ‚ja’ gesagt, ich respektiere ja ihre Bräuche, aber bei uns entscheidet die Frau, ob sie heiraten will oder nicht, nicht der Vater, und außerdem bin ich erst 17! Und ich will mich im Moment noch nicht verheiraten, ihr Sohn ist ja reizend und nett, aber …ich gehe noch zur Schule, will dann auf die Uni, vor 30 bin ich nicht mit meinem Studium fertig…also…“ Mir stockte der Atem, als sich die Mienen der Männer grimmig verzogen.
„…ich bin sicher, sie werden die geeignete Gattin für François finden…und nun Verzeihung, aber wir müssen uns auf den Weg machen! Wieviel schulden wir ihnen für die Mahlzeit? » – Der alte Hirte brummte ein leises „Hmm…ist in Ordnung… » und die anderen schüttelten ratlos die Köpfe…
Ich schaute mich zu François um, und sah, dass ihm die Tränen kullerten.
„Tut mir wirklich leid!“ Ich umarmte ihn heftig, dann flog ich eher als ich lief, hinauf zu meinem Vater, den Hirten noch hinterherrufend: „Vielen Dank für die reizende Bewirtung, bis zum nächsten Mal, vielleicht! » – dann schob ich meinen schwer torkelnden Vater vor mich hin zum Auto, schupste ihn hinein, startete den Wagen und peitschte ihn über die Piste, dass die Stossdämpfer nur so krachten.
Puh, das war gerade noch mal gutgegangen…und beinahe wäre es heute zweimal schiefgegangen, erst das Verirren in der tiefen Wildnis des Cosciune, dann das hier…
Ich sah von Weitem, wie François mir nachwinkte, und glücklicherweise die Anderen auch…

Wir kamen natürlich jedes Jahr wieder ins Cosciune, vermieden aber den direkten Kontakt mir der Hirtenhütte…da François’ Vater immer noch verzweifelt nach einer Schwiegertochter suchte.



Es gibt eine weitere Anekdote zum Plateau di Cosciune, die ich Ihnen ein anderes Mal erzählen werde…


Herzlichst, Ihre Miluna

© Miluna Tuani

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