
Ein duzend Männeraugenpaare stierten uns an, als mein Vater „Grüss Gott » rief und sich dann einen Cap Corse und mir eine Orangina servieren ließ. Dann fragten wir, (das heißt, besser ich, denn mein Vater sprach kein Wort französisch, aber die Leute verstanden ihn dank seiner Handfusszeichenkommunikation meist gut) ob es eine Art « Auberge » in diesem Ort gäbe, in der wir uns bei einem deftigen Mahl stärken könnten.
Leider verneinte der Dorfbarwirt, aber er gab uns einen Tipp: Dort oben beim alten Joseph könnte man gut speisen und er und seine Frau liebten es Vorbeikommende einzuladen und reichlich zu bewirten. Die anderen Bartresensteher grienten sich untereinander an, doch mein Vater dankte freundlich, schluckte seinen Cap Corse runter und dann stiegen wir die hohen Treppen hinauf zum Haus von Joseph.

Am großen Esstisch neben dem Kamin saß ein älterer Mann, und schälte gerade Kartoffeln. „Verzeihung dass wir Sie stören, der Wirt der Bar hat uns ihre Au – au – berge empfohlen“, stotterte ich – fügte aber weiter hinzu: „er sagte uns, Sie servieren leckeres Hausmannsessen … und da wir gerade auf der Suche nach einer Auberge sind … also… » „Immer reinspaziert, junges Fräulein und der Herr … setzt Euch, nehmt Platz, ich serviere euch gleich einen Aperitif! Angele komm, wir haben Besucher, leg noch zwei Teller auf!“ Wir setzten uns dankend und begrüßten seine Frau, die mit Geschirr beladen auf uns zu kam. Sie begrüßte uns herzlichst und deckte dann den Tisch. Joseph holte aus dem Küchenschrank eine Flasche klaren Obstschnaps und goss uns Beiden ein. Ich wusste, dass ich nicht ablehnen durfte, es würde wie eine Beleidigung gelten … also hob auch ich zum Trunk an. „Auf Euer wohl liebe Besucher, salute! » « Auf Ihres ebenso, salute! » wiederholten mein Vater und ich, und wir schütteten den beißenden Aquavita herunter. Ich musste mich beherrschen nicht loszuhusten, da die Flüssigkeit heiß beizend in meinem Rachen brannte.


Als Nachspeise wurden wir mit leckerem Ziegenkäse, auch aus eigener Herstellung, bewirtet. Dazu reichte man uns Walnüsse aus dem Garten, wenn auch vom letzten Jahr, ein reiner Genuss, so wie eine hausgemachte Feigenmarmelade zum Käse, rote und weiße Muskatweintrauben von der Pergola draußen und roten Landwein – kaum zu glauben, aber auch aus der Bioproduktion von Joseph.
Wir schafften es fast nicht den Teller leer zu essen und er tat uns noch weiter auf. Aus Höflichkeit verschlungen wir alles – außerdem war es auch einfach zu gut, um es stehen zulassen. Dann gab es noch einen Klaren AquaVita als Magenbitter, den wir dringend notwenig hatten und heißen Café mit von Angele selbstgebackenen Fritelle (süße Krapfen). Zu gesättigt, hatte ich Lust eine Siesta zu machen … doch während Joseph und mein Vater diskutierten, (wie auch immer, sie verstanden sich irgendwie) und er ihm eine Dicke (selbstgerollte?) Zigarre anbot, zeigte Angele mir das Haus, den Garten und die Tiere bei einem kleinen Verdauungsspaziergang.

Wir bedankten uns herzlichst und versprachen ihm, beim nächsten Mal wieder vorbei zu schauen.
Zufrieden gesättigt und angeduselt vom reichen Wein und Aquavita « rollten » wir runter zum Auto.
Nachwort
Leider haben wir Joseph und Angele nicht wieder gesehen. Bei unserer nächsten Reise im Winter, wohnten sie in der Stadt und im Frühling erfuhren wir mit großem Bedauern, dass sie kurz nacheinander verstorben waren. Welch ein Unglück! Nun bewohnt einer ihrer Söhne das Haus, der aber ganz und gar nicht gastfreundlich sein soll …
« Damals » hätte ich auch nicht im geringsten daran gedacht, dass unsere lieben Gastleute die Eltern meines Zukünftigen waren, den ich einige Jahre später dort im Dorf kennen gelernt habe und mit dem ich dort ins Haus einzog, wo wir so gastfreundlich und reichlich bewirtet worden waren.
© Miluna Tuani
© Fotos: Michael Müller (3)
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