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Weihnachtstraditionen: Wie wird das Christfest auf Korsika gefeiert
Joyeuses fêtes
Weihnachten Winter Corte

Korsika hat einige wenige inseltypische Weihnachtstraditionen. Weihnachtsmann oder „Père Noël“ und die in Frankreich weitverbreitete Weihnachtskrippe „La crèche familiale“ haben erst in den letzten Jahrzehnten auf der Insel Einzug gehalten. Alte Inselriten rund um das korsische Weihnachtsfeuer „Rocchiu“ hingegen stammen aus dem 17.Jahrhundert und leben auch heute noch in einigen Dörfern Korsikas fort. Am Morgen des 24. Dezember sammeln die Kinder des Dorfes auf den Feldern und in den Gärten Holzscheite, alte Zaunpfosten und Pfähle und ziehen sie in Bündeln durch die Gassen. Dabei rufen Sie „Au Rocchiu“ und schütten das Holz zu einem großen Meiler vor der Dorfkirche auf. Am Heiligabend wird der Holzstoß entzündet und zum Ende der Christmette darf jeder Dorfbewohner die Glut des Feuers zu sich nach Hause nehmen, um das Kaminfeuer zu entfachen. Das Rocciu-Feuer sollte das Haus vor Unglück und Krankheit schützen. Weit verbreitet ist ein weiterer Aberglaube: In der Heiligen Nacht werden im Kamin oder einer extra dafür eingerichteten Feuerstelle genauso viele Holzscheite entzündet, wie Bewohner in dem Hause leben. Vergisst man einen Holzscheit, so drohe der Familie im kommenden Jahr ein Trauerfall, so die Überlieferung. Aber auch der Gedanke an Friede und Versöhnung spielt in der korsischen Weihnachtstradition eine wichtige Rolle: Der Heiligabend war zu Zeiten der Blutrache „Vendetta“ die traditionelle Gelegenheit für verfeindete Familien, Frieden zu schließen.


Korsische Weihnachtsspezialitäten

Das korsische Festtagsmenü zu den Weihnachtsfeiertagen sieht ähnlich aus wie die Festtafel zu Ostern, zur Ephiphanie (Dreikönig) oder zu Karneval: Prisuttu-Schinken und Coppa als Vorspeise,  dann Zicklein oder Lammbraten, Pulenta und korsische Lasagne. Ebenso beliebt sind Seeigel-Eier an Olivenöl oder Amselfleischspieße auf einem Bett von Myrtenblättern. Leckere Mehlspeisen werden aus dem frischgemahlenen Kastanienmehl der Saison zubereitet. Auch den Verstorbenen wird in der Heiligen Nacht gedacht: Wie in der Bretagne lässt man auf Korsika an Heiligabend die Türen offenstehen, damit sich die Vorfahren an den Resten des Festmahls laben können.


Wetter und Klima zur korsischen Weihnacht
Lugo di Nazza
Calvi Hafen Monte Cinto

Während es in den korsischen Bergen zur Weihnachtszeit schneit und kalte Winde durch die Täler fegen, kann es an den Küsten schön mild sein. Die Sträucher der Maquis stehen in ihrer zweiten Blüte, die Zitrusbäume in den fruchtbaren Ebenen der Balagne hängen prallvoll mit süßen Zitronen, Orangen und Clementinen. Der Schweizer Dichter Conrad Ferdinand Meyer verbrachte Ende des 19. Jahrhunderts einige Monate auf Korsika. Aus dieser Zeit stammt wohl sein Gedicht „Weihnachten in Ajaccio“:

Weihnachten in Ajaccio

Reife Goldorangen fallen sah’n wir heute, Myrte blühte,
Eidechs glitt entlang der Mauer, die von Sonne glühte.

Uns zu Häupten neben einem morschen Laube flog ein Falter –
keine herbe Grenze scheidet Jugend hier und Alter.
Eh’ das welke Blatt verweht ist, wird die Knospe neu geboren –
eine liebliche Verwirrung, schwebt der Zug der Horen.

Sprich, was träumen deine Blicke? Fehlt ein Winter dir, ein bleicher?
Teures Weib, du bist um einen lichten Frühling reicher!
Liebst du doch die langen Sonnen und die Kraft und Glut der Farben!
Und du sehnst dich nach der Heimat, wo sie längst erstarben?

Horch! Durch paradieseswarme Lüfte tönen Weihnachtsglocken!
Sprich, was träumen deine Blicke? Von den weißen Flocken?

(Conrad Ferdinand Meyer)