Am Karfreitag trägt der Catenaccio in Sartene auf Korsika das Kreuz Jesu auf dem Rücken durch die ganze mittelalterliche Stadt, dem Kreuzweg Jesu folgend, begleitet von den Gläubigen, die innig « Perdonu o mio Diu » (« Verzeih mir oh Gott ») singen und damit um Vergebung ihrer Sünden bitten …
SARTENE
Korsischste Stadt aller korsischen Städte
Schwere graue Wolken hängen über Sartène
Erste Regentropfen fallen
Melancholischer Reiz liegt über der Stadt
kein fröhlicher mediterraner Ort ist Sartène
die düsteren engen Gassen umsäumt von mehrstöckigen Häusern
aus dunklem Granit
mysteriöse Stadt, wie die Karfreitagsprozession selbst
am Hang des Monte Grosso,
im Tal der Rizzanese fließt …
Schon vor Einbruch der Dunkelheit sind die besten Plätze im Zentrum besetzt. Die Balkons in den oberen Stockwerken drohen unter der Last der vielen Menschen herabzustürzen, in den weit geöffneten Fenstern drängt sich Kopf an Kopf und auf den Brunnen und vorstehenden Dächern hängen Menschentrauben. Inzwischen hat es aufgehört zu regnen. Jetzt taucht der Vollmond Sartène ganz in gleißendes silbernes Licht. Um 21 Uhr 30 kündigt dumpfer Trommelwirbel und monotoner Klagegesang den Beginn der Prozession an. Kinder und Fotografen eilen dem Zug voraus. Wenn der Büßer auf der Bildfläche erscheint, geht ein Raunen durch die Menge.
Eine in blutiges Rot von Kopf bis Fuß gehüllte Gestalt
durch die Straße sie wankt
mit einem 50 Kilo schweren Holzkreuz auf dem Rücken
einer Eisenkette am nackten Fuß, 14 Kilo schwer
weitere acht, ganz in Schwarz gewandete Büßer ihr folgen
vor sich her eine Christusfigur tragend
ein Schwarm kostbar gekleideter kirchlicher und weltlicher Würdenträger, Messdiener und Honoratioren der Stadt das Schlusslicht bilden
U Catenacciu, der Rote Büßer schleppt sich weiter über das Pflaster …
Der Büßer stöhnt und droht zu stürzen
Der Weiße Büßer hinter ihm hebt das Kreuz leicht an
Er symbolisiert Simon von Kyrene, der, wie die Bibel berichtet,
Jesus als Einziger auf seinem Weg nach Golgatha geholfen hat, „sein Kreuz zu tragen »
Dreimal fällt der Catenacciu zu Boden erhebt sich wieder mit seiner Last …
Die Menge brandet weiter durch die Straßen und Gassen
endlich strömen sie hinein
in die bis auf den letzten Platz gefüllte Kirche
Santa-Maria Assunta.
Hier der Rote Büßer von seiner Last wird er befreit
Das Passionsfest endet mit einer feierlichen Messe …
Aufgezeichnet von Miluna Tuani
Karfreitag, 2009
© Miluna Tuani
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